Alle Jahre wieder...

Der König (Rolf Hoppe) und die Königin (Karin Lesch) reden dem Prinzen (Pavel Trávníče) ins Gewissen.

Es gibt Filme, die bei jeder Ausstrahlung Scharen von Zuschauern vors Heimkino locken. Klassiker, durch die Jahreszeiten und Feiertage fast so verlässlich bestimmt werden können wie durch einen Blick aus dem Fenster. Im Frühling träumen wir mit der zauberhaften Audrey Hepburn in «Frühstück bei Tiffany′s». An Ostern suchen wir ausser Schoko-Eiern die Fernbedienung, weil auf irgendeinem Kanal «Die zehn Gebote» oder «Ben Hur» läuft. Und wenn «Dinner for One» kommt, wissen wir, dass schon wieder Silvester ist. Und noch ein Film gehört zum Fernsehjahr wie aufgeschäumte Milch zum Cappuccino...

Am zweiten Weihnachtsfeiertag ist es wieder so weit. Dann zeigt SF DRS den Märchenklassiker «Drei Haselnüsse für Aschenbrödel», und Hunderttausende werden zusehen. Nicht nur Kinder, auch viele Erwachsene können sich an der kecken tschechischen Verfilmung des Aschenbrödel-Themas nicht satt sehen.

Aschenputtel, Cinderella & Co.

Der Prinz (Pavel Trávníček) und sein Gefolge staunen nicht schlecht über die Schiesskünste des unbekannten Jägers.

Jeder kennt die Geschichte des schönen, gutherzigen Mädchens, das von seiner bösen Stiefmutter und der einfältigen Stiefschwester unterdrückt und gepeinigt wird. In alten, verschmutzten Kleidern muss es von früh bis spät in Russ und Dreck alle Hausarbeiten erledigen. Sein einziger Freund ist eine weisse Taube... Bis hierhin gleichen sich die verschiedenen Variationen des Aschenputtel­-Märchens.

Die 1973 in Kooperation mit den DEFA-Studios entstandene tschechische Variante begeistert jedoch mit einem Aschenbrödel, das nicht nur gütig und schön ist, sondern sich mit Witz, List, einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein und drei Zaubernüssen energisch zur Wehr setzt. Entstanden ist ein erfrischend frecher und witziger Film – für viele die beste Verfilmung des Stoffes.

Eine ungewöhnliche Frau als Vorbild

Aschenbrödel (Libuše Šafránková) wartet auf ihren Prinzen.

Die literarische Vorlage zum Film des tschechischen Märchenfilmregisseurs Václav Voríček ist das Märchen «Tři oříšky pro Popelku» der Schriftstellerin Božena Němcová (1816-1862).

Das bewegte Leben dieser, für die damalige Zeit ungewöhnlichen, Frau soll Voríček als Inspiration für die filmische Zeichnung seines «emanzipierten» Aschenbrödels gedient haben. Němcová gilt heute als Wegbereiterin der tschechischen Frauenrechtsbewegung. Sie hat sich zu Lebzeiten vor allem für die Emanzipation der Frau, die Besserstellung der Dienstmädchen und die Schulbildung von Mädchen engagiert.

Die einen spielen Tennis, fahren Ski oder jassen mit Freunden. Andere haben einen Film zu ihrem Hobby gemacht. Sie reisen zu den ehemaligen Drehorten, feiern alljährlich eine Aschenbrödel­-Party und sammeln auf einer Homepage alles, was sie über Aschenbrödel und die Dreharbeiten finden können.

Wer schon immer wissen wollte, wie das märchenhafte Schloss des Films heisst (Schloss Moritzburg) und wo es liegt (unweit von Dresden), dem sei die Homepage von Drei Haselnüsse für Aschenbrödel wärmstens empfohlen. Und wer einfach gerne mal wieder die originelle Verfilmung eines Märchenklassikers schauen möchte, dem raten wir: Schäumen Sie rechtzeitig die Milch für Ihren Cappuccino auf und geniessen Sie mit der ganzen Familie am zweiten Weihnachtsfeiertag «Drei Haselnüsse für Aschenbrödel».

Märchenwelt