Dem Falschmünzer auf der Spur

Der Morgen dieses 24. Julis ist grau und verregnet. Trotzdem machen sich kurz nach dem Mittag rund zwei Dutzend gut gelaunte Mitglieder des Märchentheaters Triengen samt Anhang auf den Weg auf den Ballenberg im Berner Oberland, wo am Abend das Theaterstück «Farinet, der Falschmünzer» unter freiem Himmel aufgeführt wird.

Bei der Anfahrt zwingt uns dicker Nebel auf dem Brünig, die Kaffeepause auf später zu verschieben. So erreichen wir unser Reiseziel überpünktlich und nutzen die kurze Wartezeit am Eingang, um Kraft für die bevorstehende, gut zweistündige Führung zu tanken.

Der Ballenberg bestünde nicht nur aus alten Häusern, von denen es dort inzwischen gegen 100 Stück gibt, versichert uns unsere Begleiterin. Viel wichtiger seien die Geschichten, die sie erzählen, und die Menschen, die darin gelebt haben. Es ist ergreifend, wie sehr sich der damalige Alltag von dem unterscheidet, was wir heute kennen und für selbstverständlich halten. Hohe Sterblichkeit im Kindbett infolge mangelnder Hygiene und medizinischer Unterversorgung, finanzielle Probleme und Aberglaube gehörten damals zur Realität. Dies alles spiegelt sich auch in den Häusern wieder, und es ist eindrücklich und manchmal ein wenig beklemmend, dieses Stück Schweizer Geschichte so hautnah zu erleben.

Auf dem Rundgang treffen wir auf einen Töpfer und eine Spinnerin, die uns ihr Handwerk zeigen. Letztere weiss so viel zu erzählen über frühere Brauchtümer, dass wir ihr gebannt lauschen und fast die Zeit vergessen. Am Spinnrad spinnt sie Flachsgarn für Leinentücher und meint verschmitzt, sie versuche es zwar schon seit Jahren, aber es sei ihr immer noch nicht gelungen, Gold zu spinnen wie das Rumpelstilzchen. Dafür erzählt sie, weshalb verheiratete Frauen früher so häufig am Spinnrad sassen—mussten sie doch die Aussteuer für ihre Töchter anfertigen, die gut und gerne mehrere dutzend Leintücher, Handtücher, Tischtücher, Decken- und Kissenbezüge umfasste.

Gut gestärkt nach einem feinen Nachtessen im Restaurant Wilerhorn machen wir uns am Abend auf den Weg Richtung Freilichttribühne. Glücklicherweise haben sich die Regenwolken inzwischen ganz zurückgezogen, und so können wir eine grossartige Theateraufführung geniessen. In der kurzweiligen Geschichte geht es um das Leben von Joseph-Samuel Farinet, wie er der armen Bauernbevölkerung mit gefälschten 20-Räpplern aus der Not hilft (mit einem recht zeitgemässen, leicht ironischen Seitenhieb gegen unsere Banken), es geht aber auch um Liebe, Betrug und Verrat. Trotz Farinets List und der Unterstützung seiner Freunde nimmt die Handlung am Ende eine tragische Wendung. Die Leistung der rund 50 Spieler ist beeindruckend, gerade auch wegen dem nicht gerade rutschfesten Untergrund, auf dem sie an jenem Abend agieren müssen. Aber alle meistern dies mit Bravour. Auch bei den Spezialeffekten wird nicht gespart, und wenn die Aufständigen sich vor den Augen des Publikums mit der Polizei ein lautes Feuergefecht mit Gewehren und Pistolen leisten, fühlt man sich plötzlich mitten drin in der Geschichte.

Gegen Mitternacht kehren wir schliesslich von einer Vereinsreise nach Triengen zurück, die nicht nur kurzweilig, sondern auch lehrreich war. Ein besonderer Dank gilt unserem Präsidenten Hansruedi Kaiser für die Organisation und seine routinierte Reiseleitung.

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