Mit dem Schiff zu Wilhelm Tell

Der diesjährige Vereinsausflug führte uns an die Tell Freilichtspiele in Interlaken. Selbst das heftige Gewitter konnte der guten Stimmung nichts anhaben.

Die Anreise

Pünktlich um 12.00 Uhr mittags begann unsere Reise mit dem Car auf dem Gemeindeparkplatz Steinbären in Triengen. Nach gut fünf Viertelstunden Fahrt über den Brünig kamen wir schliesslich in Brienz an und hatten dort noch Zeit für eine kurze Zwischenverpflegung. Danach ging unser Ausflug auf dem Wasser weiter. Mit der MS Jungrau fuhren wir «entlang der wild-romantischen Ufer des grün-blauen Brienzersees» nach Interlaken, wo wir bereits wieder von unserem Car erwartet und ins Herz der Stadt chauffiert wurden. Dort konnten wir uns zunächst individuell vertun, bevor wir uns um 17.15 Uhr einer Führung hinter die Kulissen der Tellspiele anschliessen konnten.

Ein Blick hinter die Kulissen

Es war äusserst eindrücklich, das gewaltige Bühnenbild und die dahinter verborgene Technik aus der Nähe zu betrachten und einen Blick in die Backstage-Räume wie die Garderobe und die Ställe zu werfen. Trotzdem konnten wir den materiellen und personellen Aufwand des Theaters zu diesem Zeitpunkt nur erahnen; Die gesamte Tonanlage beispielsweise wurde erst vor einem Jahr installiert und kostete rund 323 000 Franken. Vor allem bei schlechtem Wetter ist jetzt dafür der klare Ton ein absoluter Genuss.

Die Tellspiele Interlaken wurden im Jahre 1912 gegründet. Seither wurde von 1912 bis 1914, von 1931 bis 1939 und von 1947 bis heute das Schauspiel «Wilhelm Tell» von Friedrich Schiller am Rugen in Matten aufgeführt. Die Schauspieler auf der Naturbühne der Tell-Freilichtspiele, vom Hauptrollenträger bis zu den Statisten, sind alles Laien. Es sind Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer, die als Schüler, Hausfrauen, Arbeiter, Intellektuelle, Berufsleute in Handwerk und Gewerbe und als Bauern tätig sind. Etwa 180 Mitglieder zählt der Verein heute, und obwohl alle Sprechrollen doppelt besetzt sind, werden bei jeder Aufführung jeweils alle Mitwirkenden aufgeboten.Schliesslich sind die Spieler auch während den Aufführungen nicht vor Unfällen gefeit, und unsere Führungs-Leiterin wusste diesbezüglich so manche Anekdote aus den vergangenen Jahren zu erzählen.

Wunschtraum schönes Wetter

Nach dieser interessanten und beeindruckenden Besichtigung bagaben wir uns danach aber schleunigst zum Hotel Sonne, wo wir uns mit dem verdienten Nachtessen für den bevorstehenden Theaterbesuch stärken konnten. Und während noch alle fröhlich an ihren Rahmschnitzeln oder Pommes Frites knabberten, passierte es: Ein heftiges Gewitter brach los, und es schüttete wie aus Kübeln. Zum Glück ist die Zuschauertribühne der Tellspiele schon seit mehreren Jahren überdeckt, sodass wir die Inszenierung trotzdem geniessen konnten.

Wilhelm Tell

Um 20.00 Uhr war es soweit. In etwas mehr als zwei Stunden wurde das Schweizer Familiendrama von Friedrich Schiller erzählt. Die Inszenierung der Regisseurin Monika Wild (auch bekannt geworden durch das Gastspieltheater Zürich) setzte auf eine klare, starke Sprache, verbunden mit einer subtilen, einfallsreichen Spielweise. Sie wechselte vom intimen, stillen Familienrahmen zu wuchtigen Volksszenen voller Bewegung, zu Fuss oder zu Pferd, begleitet von feinen Klängen oder dröhnendem Gewittergetöse über dem Urnsersee (ergänzt vom echten Gewitter im Hintergrund) und versinnbildlichte so die Ohnmacht des Einzelnen gegenüber der gewaltigen Repression durch die damalige Feudalherrschaft. Wer die ganze Geschichte im Original von Friedrich Schiller nachlesen möchte, findet das komplette Werk zur freien Verfügung bei Projekt Gutenberg.

Im Anschluss an die Aufführung fuhren wir ohne grossen Umschweife wieder zurück nach Triengen, wo wir erneut von einem heftigen Gewitter erwartet wurden, und einige von uns werden es wohl nicht ganz trocken nach Hause geschafft haben. Nichts desto trotz war es auch diesmal wieder ein sehr schöner und gelungener Ausflug des Märchentheater-Vereins.

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